Bamberger Rauchbier in der Arche des Geschmacks

Dass Slow Food sich für den Erhalt regionaler Lebensmittel einsetzt dürfte wohl allgemein bekannt sein. Nicht gar so bekannt ist das 1996 gestartete internationale Projekt “Arche des Geschmacks”, mit dem Slow Food weltweit rund 4.000 regional wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Verschwinden schützen will. Diese “Passagiere”, wie die Schützlinge von Slow Food genannt werden, können unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen am Markt nicht bestehen oder sind “aus der Mode” gekommen. Mit dem Wissen, dass biologische Vielfalt regionale Wurzeln besitzt, bewahrt die “Arche des Geschmacks” das kulinarische Erbe der Regionen. Schwerpunkt der Arbeit ist das aktive Sammeln, Beschreiben, Katalogisieren und Bekanntmachen der Passagiere. Das Motto lautet: Essen, was man retten will! Denn: Was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden und wird deshalb nicht hergestellt.

Um in die “Arche des Geschmacks” aufgenommen zu werden, müssen Passagiere folgende Kriterien erfüllen:

• Sie sind in der Existenz bedroht.

• Sie zeichnen sich aus durch einzigartige geschmackliche Qualität.

• Sie haben eine historisch überlieferte Bedeutung.

• Sie besitzen identitätsstiftenden Charakter für eine Region.

• Sie unterstützen die nachhaltige Entwicklung einer Region.

• Sie stammen aus artgerechter Haltung (Tiere).

• Sie sind frei von gentechnischer Veränderung.

• Die Produkte sind käuflich erwerbbar.

Nun wurde auch das Bamberger Rauchbier in die Arche aufgenommen. Es gibt in Bamberg nur noch zwei kleine Brauereien, die das Rauchbier in traditioneller Arbeitsweise herstellen. Immerhin gibt es in der Craft Beer-Szene inzwischen einige Brauereien, die Rauchbiere brauen, aber Bamberg ist halt die Heimat des Rauchbiers und ist dort auch am weitesten verbreitet.

Dabei haben die beiden Brauereien mit etlichen Problemen zu kämpfen. Die Innenstadt von Bamberg ist mit ihren engen Straßen mittelalterlich geprägt. Dadurch sind die Betriebe für Anliefere schwierig zu erreichen und auch der Verkehrsraum ist nicht ausreichend vorhanden. Auch die Emissionen der Rauchdarren werden von der Nachbarschaft zunehmend als Belästigung empfunden.

Bedrohlich für das Bamberger Rauchbier könnte eine weitere Verschiebung der Geschmackspräferenzen der Verbraucher werden. Die modernen milderen Rauchbiere, denen nur geringe Mengen Rauchmalz aus der Herstellung von Handelsmälzereien beigegeben werden, um mit einem Hauch von Rauch ein interessantes Geschmacksprofil zu erreichen, sind seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Es ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft der Kreis der Liebhaber des kräftig rauchigen Bieres schrumpft. Auch das könnte eine Gefahr für das traditionelle Bamberger Rauchbier darstellen.

Folgende Zahlen von der Slow Food-Website mögen den Anteil des Rauchbieres an der Biererzeugung in Bamberg verdeutlichen: Um 1820, also vor dem Siegeszug der rauchfreien Malzdarren, waren alle erzeugten 44.000 Hektoliter originales Bamberger Rauchbier. Im Jahr 1935, als erstmals nur noch die Brauereien Schlenkerla und Spezial Rauchbier herstellten, betrug der Rauchbieranteil am Gesamtausstoß von 102.000 Hektolitern grob geschätzt etwa 10.000 Hektoliter, also rund zehn Prozent; sicher bestimmbar ist dieser Anteil nicht mehr. Für das Jahr 2015 finden sich rund 25.000 Hektoliter Rauchbier traditioneller Herstellung unter den 250.000 Hektolitern der Bamberger Gesamterzeugung; das sind ebenfalls 10 Prozent.

Das Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellung wird in der Brauereigaststätte Schlenkerla in der Dominikanerstraße und dem Brauereigasthof Spezial in der Oberen Königstraße und auf dem sogenannten Spezialkeller, der seit einigen Jahren ganzjährig betriebenen Gaststätte mit großem Biergarten über dem ehemaligen Lagerkeller der Brauerei Spezial auf dem Oberen Stephansberg ausgeschenkt. Ich werde im April in Bamberg sein und dann selbstverständlich die Gaststätten besuchen und hier im Blog darüber berichten. Bislang habe ich aber noch nichts Negatives über die Bamberger Brauereigaststätten gehört.

Bamberg liegt bekanntlich in Franken und Franken ist die Gegend in Deutschland mit der höchsten Brauereidichte. Das zeigt die Verbundenheit der Franken mit dem Bier, eine Tradition, deren Anfänge bis ins späte 13. Jahrhundert zurückreichen.

Die Herstellung des Rauchmalzes beschreibt Slow Food wie folgt: “Das Trocknen des Malzes über offenem Holzfeuer erfordert besondere bauliche Anlagen und besonderes handwerkliches Geschick. Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart wird gebraut wie jedes andere Bier auch. Seine Besonderheit erhält es durch die spezielle Art der Trocknung des Malzes im heißen Rauch des offenen Feuers von Buchenholz (gelegentlich auch Eichenholz), so dass das Räuchern integraler Bestandteil des Trocknungsprozesses ist. Dazu bedarf es spezieller Anlagen, in denen die Abluft des Holzfeuers über Spalten- oder Lochböden unmittelbar in das darüber aufgeschichtete nasse, zu trocknende Malz geleitet wird, dieses Grünmalz durchzieht und dann erst an die Außenluft abgegeben wird. Trocknung und Räucherung geschehen auf diese Weise in ein und demselben Vorgang. Dies ist kennzeichnend für das “Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart”. Die Technik des nachträglichen Räucherns von bereits in rauchfreien Darren fertig getrocknetem Malz ist für das “Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart” ausgeschlossen.

Beide Bamberger Rauchbierbrauereien verfügen über eine hauseigene Rauchdarre. Je nachdem, wie sie in aufwändiger handwerklicher Arbeit den Brennvorgang über einen Zeitraum von ca. 18 bis 22 Stunden steuern und rauchfreie Luft zumischen, erhalten sie Malze mit unterschiedlichem Rauchgeschmack, der auch dem Geschmack der Biere deutlich unterschiedlichen Charakter gibt. Die Öfen werden mit großen Holzscheiten geschürt. Im Rauch gedarrt wird ausschließlich Gerstenmalz. Anlagentechnik und Prozesssteuerung der nach wie vor handbefeuerten Rauchdarren gehören zu den gut gehüteten Betriebsgeheimnissen der beiden Bamberger Rauchbierbrauereien.”

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