Die Kennzeichnung so genannter alkoholfreier Biere ist irreführend und nicht verbraucherfreundlich. Das ist das Ergebnis einer durch das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag von foodwatch durchgeführten repräsentativen Umfrage. Demnach gehen fast zwei Drittel der Befragten davon aus, dass ein „alkoholfreies“ Bier keinerlei Alkohol enthält. Tatsächlich aber sind bis zu 0,5 Vol.-Prozent üblich und auch zulässig.
„Die Ergebnisse untermauern, was foodwatch schon seit Jahren bemängelt: Die Alkoholangabe im Kleingedruckten, zu der sich die Brauerei-Branche vor zwei Jahren durchgerungen hatte, führt nicht zu mehr Transparenz“, kritisierte Lena Blanken von foodwatch. Zwar „empfiehlt“ der Deutsche Brauerbund seinen Mitgliedern seit 2014 eine „freiwillige Kennzeichnung des Restalkoholgehaltes alkoholfreier Biere (Alk.<0,5 %vol.)“. Ein Blick in die Supermarktregale zeigt jedoch: Wenn überhaupt, erfolgt diese Angabe im Kleingedruckten, auf der Rückseite oder am Flaschenhals. Der Brauerbund ist nicht bereit, auf die irreführende „alkoholfrei“-Angabe zu verzichten und diese durch einen unmissverständlichen Begriff wie „alkoholarm“ zu ersetzen.
Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich allerdings zu 90 Prozent eine andere Kennzeichnung, so ein weiteres zentrales Ergebnis der repräsentativen Emnid-Befragung: Fast die Hälfte findet, Biere mit bis zu 0,5 Vol.-Prozent sollten als „alkoholarm“ ausgewiesen werden. Gut ein Fünftel votierte für „alkoholreduziert“. Nur zehn Prozent sprachen sich für „alkoholfrei“ aus. Das sind noch weniger als in einer 2013 durchgeführten Studie, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft selbst finanziert hatte.
„Diese Umfrageergebnisse sind ein Armutszeugnis für die Brauerei-Branche – und für Christian Schmidt. Obwohl der Ernährungsminister die Zahlen kennt, ignoriert er sie“, so Blanken. „Sein Verhalten ist dabei geradezu symptomatisch. Der Minister setzt lieber auf weichgespülte freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie, anstatt Verbraucherinnen und Verbraucher mit gesetzlichen Vorgaben vor Täuschung und Irreführung zu schützen.“
Jetzt kommt mir selbstverständlich der Gedanke, dass diese Erwartungen überzogen sein könnten. Wer auf einen Inhaltsstoff in Lebens- oder Genussmitteln grundsätzlich verzichten will oder muss, steht doch auch in der Pflicht, sich zu informieren. Dabei kommen wir schnell zu der Information, dass alkoholfreies Bier nicht zwangsläufig vollständig ohne Alkohol bedeutet. Aber der Restalkohol von maximal 0,5 Vol % reicht sicher nicht aus, um sich zu betrinken. In der Regel dürfte weniger Alkohol enthalten sein, da die Brauereien auch bei produktionsbedingten Schwankungen unter dieser Grenze bleiben müssen.
Viele andere Getränke, bei denen wir erst einmal nicht an Alkohol denken, enthalten eine ähnliche Alkoholkonzentration. So darf Apfelsaft ebenfalls bis drei Gramm Alkohol enthalten, was immerhin 0,38 Volumenprozenten entspricht. Als das gesundeste Getränk gelten Milchgetränke. Dabei wird aber häufig übersehen, dass Kefir immerhin 2 Volumenprozent Alkohol enthält. Auch Limonaden können Alkohol enthalten – laut der Süddeutschen Zeitung enthält Bionade bis zu 0,13 Volumenprozent.
Aber auch Obst enthält Alkohol – Bananen enthalten, wenn sie reif sind, mit 0,6 % ebenfalls mehr Alkohol als Bier, das als alkoholfrei angepriesen wird. Selbst Brot enthält bis zu vier Gramm Alkohol je Kilogramm (Quelle: zeit.de).
So sehr ich die Arbeit von foodwatch auch schätze – bei dieser Umfrage ist die Verbraucherorganisation nach meiner Meinung doch ziemlich am Ziel vorbeigeschossen.