Archiv der Kategorie: Brauereien

Brasserie et Musée Bruxellois de la Geuze

Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich Brüssel als die Bierhauptstadt der Welt bezeichne. Und wenn ich schon einmal in Brüssel bin, gehört der Besuch mindestens eines der dortigen Brauereimuseen für mich zum Pflichtprogramm. Da die Geuze eine Spezialität ist, die angeblich nur in der Umgebung von Brüssel herzustellen ist, habe ich mich für die Brasserie et Musée Bruxellois de la Gueuze der Brauerei Cantillon entschieden.

Um es gleich von vornherein klarzustellen: Der Stadtteil Anderlecht, in dem die Brauerei beheimatet ist, gehört nicht zu den bevorzugten Wohngegenden in Brüssel. An der Kasse weist die Brauerei auch vorsorglich darauf hin, dass die Besucher nichts sichtbar im Auto liegen lassen sollen. Aber ganz ehrlich: zu einer Brauereibesichtigung ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicher empfehlenswert.

Nachdem ich die rue Gheude 56 gefunden hatte (mein Navi hatte mich erst einmal kreuz und quer durch den Stadtteil geleitet, bevor ich ganz in der Nähe der Metrostation mein Ziel erreichte), empfand ich die Außenfront von Cantillon als – wie formuliere ich es jetzt positiv – sehr traditionell. Außerdem verunsicherte mich das Schild an der Tür, das lediglich auf die Brauerei hinwies und das Museum nicht erwähnte. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, das Tor zu öffnen und einzutreten. Und da wusste ich, hier bin ich richtig. Ein Blick nach links zeigte mir den Probiertresen, den Sie im ersten Bild sehen. Rechts beklebte ein Angestellter Flaschen mit Etiketten, alles von Hand. Geradeaus blickte ich auf den Tresen mit der Kasse für den Eintritt und dem Verkauf der dort hergestellten Geuze sowie einiger Souvenirs. Zur Auswahl standen T-Shirts und Käse. Bevor ich mich in diesem Text der Brauerei und der Geuze widme, ist dieser Käse noch einige Worte wert. Im Allgemeinen wird Bierkäse mehrfach mit Bier abgewaschen, wodurch der Käse etwas vom Biergeschmack annimmt, allerdings doch sehr dezent. Bei der Herstellung dieses Käses, der in der Brauerei Dupont hergestellt wird, wird die Geuze direkt der Milch hinzugefügt (auf 550 Liter Milch kommen 10 Liter Bier). Dadurch ist der Biergeschmack deutlich ausgeprägter als bei klassischem Bierkäse. Auch wenn Sie kein Freund von Sauerbier sein sollten, lohnt schon dieser Käse den Besuch bei Cantillon. Aber kommen wir jetzt endlich zur Brauerei. Zunächst zahlte ich die sieben Euro Eintritt, für die es auch zum Abschluss der Führung zwei Biere zur Verkostung gab. Die Führung wird auch in Englisch durchgeführt, was mir sehr entgegenkam, da ich weder der französischen noch der niederländischen Sprache mächtig bin. Zunächst gab es an der Abfüllanlage, die glücklicherweise gerade stillstand, eine Einführung und den Besuchern wurde erklärt, was Lambik und was Geuze ist. Gegenüber der Anlage stapelten sich die gefüllten Flaschen, die Sie auf dem zweiten Foto sehen (nein, das sind nicht alle Flaschen, die in der Brauerei lagern. Das Lager erstreckt sich über die Wände in mehreren Räumen, überall dort, wo noch etwas Platz ist). Aber hier eine Kurzfassung der Einführung.

Cantillon ist mehr als 100 Jahre alt und befindet sich nach wie vor im Familienbesitz, ganz ohne eine Beteiligung der großen Brauereikonzerne. Und nicht nur das Unternehmen hat ein stattliches Alter erreicht, sondern auch die Maschinen, die in der Brauerei einsetzt, stammen aus dem 19. Jahrhundert. Ein Besuch in der Brasserie Cantillon ist also eine echte Reise in die Vergangenheit.

Eine Besonderheit dieser Brauerei ist nicht nur, dass mit wilden Hefen gebraut wird, sondern in dem Raum, in dem die anfangs sterile Bierwürze mit den Hefen infiziert wird, hat sich im Laufe der Zeit eine einmalige Kolonie an Mikroorganismen gebildet. Forscher der Katholischen Universität Leuven haben in einem einzigen Lambik neben 100 unterschiedlichen Hefestämmen auch 27 Essigsäure-Bakterienstämme sowie 38 Milchsäure-Bakterienstämme identifiziert. Da ist es kein Wunder, dass die Brauer diesen Raum wie ein Heiligtum behandeln und dass das Bier aus dieser Brüsseler Brauerei einmalig ist.

Die Gärung erfolgt in Holzfässern. Dabei kommt es den Brauern weniger auf Geschmacks- oder Aromastoffe an, sondern das Holz ist in erster Linie erforderlich, damit durch das ein Gasaustausch stattfinden kann, der in den weniger pflegeintensiven Edelstahlfässern nicht möglich ist. Anfangs verläuft die Gärung recht stürmisch, bevor nach drei bis vier Wochen eine langsame Gärung einsetzt, für die die Brauerei satte drei Jahre ansetzt. Aufgrund dieser langen Zeit und einiger spezieller Hefen, die auch nicht gärfähige Zucker verarbeiten können, enthält das Lambik am Ende der Gärung nur sehr wenig Restzucker. Als ich die Brauerei besucht habe, hatten die Brauer die Hefen des aktuellen Suds untersucht und zwei Hefestämme festgestellt, die erwarten lassen, dass das Bier am Ende lediglich 0,2 % Zucker enthalten wird.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, weshalb die Biere aus Belgien, die mit einem Naturkorken verschlossen wurden, zusätzlich einen Kronkorken mitbringen? Auch dieses Rätsel konnte ich bei meinem Besuch lösen. Der Kronkorken sorgt dafür, dass der Naturkorken nicht aus der Flasche gedrückt wird, wenn das Bier ungekühlt gelagert wird, sich im Sommer erwärmt und dabei ausdehnt. Der Kronkorken ersetzt dabei den bei Sekt und Champagner üblichen Drahtverschluss. Und da wir gerade beim Thema Naturkorken sind, hier noch ein Hinweis zur Lagerung: Bekanntlich sollten Bierflaschen bekanntlich stehend gelagert werden. Das ist bei Flaschen mit Naturkorken als Verschluss anders. Bei stehender Lagerung käme der Kork nicht mit dem Bier in Berührung kommen, daher austrocknen und etwas schrumpfen. Luft könnte in die Flasche gelangen und das Bier könnte verderben.

Störtebeker Braumanufaktur

Heute möchte ich Ihnen eine Brauerei aus Stralsund in Vorpommern vorstellen. Die Brauerei liegt an einer Ausfallstraße und sieht auf den ersten Blick recht klein aus. Auffällig sind nur die riesigen Silos, die im Vergleich zur Größe des Betriebsgeländes irgendwie überdimensioniert erscheinen. Aber der Reihe nach.

Die Stadt Stralsund blickt auf eine Brautradition achthundert Jahren zurück und in dieser Tradition sieht sich die Störtebeker Braumanufaktur. Nachdem sich die Brauerei in der Zeit der DDR unter dem Namen Stralsunder einen sehr schlechten Ruf erworben hatte, bemüht sich das Unternehmen heute unter der Flagge der Störtebeker Braumanufaktur mit großem Erfolg, wieder einen guten Ruf aufzubauen. Dafür hat sich die Braumanufaktur einiges einfallen lassen.

Handwerklich gebraute Biere

Die Störtebeker Braumanufaktur arbeitet mit Naturprodukten. Eigentlich klingt das ja selbstverständlich, ist es aber nicht. Die meisten Brauereien verwenden für ihre Biere keinen Naturhopfen, sondern Hopfenextrakt. Das ist nach dem deutschen Reinheitsgebot vollkommen in Ordnung. Allerdings handelt es sich dabei nicht mehr um ein Naturprodukt, sondern Hopfenextrakt ist, wie der Name bereits aussagt, ein aus dem Naturprodukt, meist oder immer Bitterhopfen, extrahiertes Standardprodukt. Daraus lässt sich schließen, dass für jeden Sudansatz immer die gleiche Menge Extrakt benötigt wird, um ein immer gleich schmeckendes Bier zu erhalten. Viele Verbraucher wollen auch ein immer gleiches Bier zum möglichst niedrigen Preis. Deshalb will ich dieses Verfahren auch gar nicht kritisieren. Die Störtebeker Braumanufaktur geht einen vollkommen anderen Weg und setzt ausschließlich Naturhopfen ein.

Naturhopfen ist, wie der Name bereits aussagt, der Hopfen, wie er gewachsen ist. Das bedeutet, dass jede Charge etwas anders ausfallen kann. In der Folge ist der Brauer mehr gefordert, da jeder Sud neu komponiert werden muss. Dieser höhere Aufwand führt selbstverständlich auch zu einem höheren Preis. Aber auch der Verbraucher hat etwas davon. Dass noch alle Inhaltsstoffe des Hopfens vorhanden sind, hat das daraus gebraute Bier sowohl ein komplexeres Aroma als auch einen volleren Geschmack.

Vielfalt

Immerhin 17 Biere werden in Stralsund gebraut. Und nicht nur das. Alle Biere haben ihren spezifischen Geschmack. So sollte (fast) jeder sein Lieblingsbier finden. Es ist wirklich erstaunlich, welche Vielfalt auch mit dem deutschen Reinheitsgebot möglich ist. Bei vielen Bieren (eventuell bei allen, da bin ich mir nicht sicher) wird auch bereits auf dem Etikett der Flaschen angegeben, welcher Hopfen und welche Hefe verwendet wird. Damit können wir als Verbraucher bereits vor dem Kauf abschätzen, ob uns das Bier schmecken wird oder ob wir lieber zu einem anderen Produkt greifen sollten.

Transparenz

Täglich werden (je nach Saison) eine bis drei Brauereiführungen durchgeführt. OK, das machen viele Brauereien im Rahmen ihrer Kundenbindungsprogramme. Ich habe an einer Führung in Stralsund teilgenommen und ich war wirklich angenehm von der Offenheit überrascht. Die Rohstoffe wurden vorgestellt, uns wurden die Produktionsräume wie auch die Abfüllanlage gezeigt und wir erhielten viele Informationen von einem IHK-geprüften Botschafter des Bieres. Es war jederzeit möglich, Fragen zu stellen. Davon habe ich ausgiebig Gebrauch gemacht und alle Fragen wurden ausführlich beantwortet, auch Fragen, bei denen ich fast erwartet habe, dass eine Antwort unter Verweis auf das Geschäftsgeheimnis verweigert würde. An die einstündige Führung schloss sich noch eine Bierprobe an, die ebenfalls eine Stunde dauert. Dabei wurden uns acht Biere zur Verkostung gereicht und wir erhielten in diesem Rahmen Informationen über die einzelnen Biere. Wenn Sie sich entschließen, ebenfalls an einer dieser Führungen teilzunehmen, sollten Sie also keinesfalls mit dem Auto anreisen. Eine Bushaltestelle (Linie 3, Haltestelle Brauerei) ist aber nur knapp 200 Meter entfernt. Und Sie können mir glauben: die € 10,80 für die Führung sind gut angelegt.

Dass die Deklaration der Zutaten auf den Rückenetiketten der Flaschen sehr ausführlich ist und weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht, habe ich ja bereits erwähnt.

Ein umfangreiches Kundenbindungsprogramm

Die Brauereiführungen sind aber nicht alles. Das Team der Brauerei hat sich noch erheblich mehr ausgedacht.

Genuss-Verkostungen

An jedem dritten Donnerstag im Monat findet in der Gaststätte des Brauhauses eine Genuss-Verkostung statt. Dort stellen Biersommeliers verschiedene Biere vor und es gibt zu dem Bier passende Häppchen dazu. In jedem Monat steht der Event unter einem anderen Motto. Und auch hier weiß die Manufaktur zu überraschen. Das Motto „Bier und Salami“ war zu erwarten, eine Verkostung beim Thema „Bier und Schokolade“ kann ich mir noch die Kombination dunkler Schokolade mit Porter oder auch von weißer Schokolade mit Atlantik Ale vorstellen. Spätestens beim Thema „Bier und Dessert“ ist meine Vorstellungskraft aber überfordert. Alle diese Themenabende finden in diesem Jahr statt. Leider komme ich nur selten nach Stralsund, sonst würde ich sicher öfters mal an einem solchen Event teilnehmen.

Rent A Sommelier

Wenn Sie auf Ihrer Feier den Gästen etwas ganz Besonderes bieten wollen und das nötige Kleingeld übrighaben, können Sie sich einen Biersommelier mieten. Er bringt alles für eine exklusive Bierprobe mit. Das ist doch etwas, was Sie sicher noch nicht erlebt haben.

Biersommelier-Abende

Dies ist die nicht nur für mich reizvollste Eventreihe. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die Biersommeliers der Störtebeker Braumanufaktur in der Brauhausgaststätte – und Sie können dabei sein. Wie auch die Genuss-Verkostungen stehen die Biersommelier-Abende immer unter einem bestimmten Motto. Dabei werden nicht nur die Biere aus Stralsund verkostet, sondern im Mittelpunkt stehen Bierspezialitäten anderer Brauereien samt passender Speisen aus der Brauhausküche. Dazu können Sie mit den Spezialisten über die Biere fachsimpeln. Offensichtlich sind die 44 Euro für diesen Event gut angelegt, sonst wären die Events nicht teilweise ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht.