Auf der Suche nach der idealen Hefe

Es ist schon merkwürdig – wenn ich mir die Etiketten der verschiedenen Biere ansehe, wundere ich mich manchmal, wie offen die Brauer mit ihren Rezepturen umgehen. Freimütig werden die Malzsorten und der Hopfen genannt, die für das Bier verwendet wurden. Aber wie sieht es mit der Hefe aus? Da halten sich die Brauer bedeckt. In der Zutatenliste steht in der Regel nur Hefe und auch die Internetseiten der Brauereien, die häufig mehr Informationen bereitstellen, geben in der Regel nicht mehr her. Und wenn dort etwas steht, dann eine eher technische Bezeichnung, z.B. Stamm W 177. Weil mich das bereits seit längerer Zeit wundert, habe ich einige Craft Beer-Brauer auf die Hefe angesprochen. Und auch wenn sie ansonsten gerne und freigiebig über ihre Arbeit sprechen, werden sie beim Thema Hefe recht einsilbig.

Da könnte der Konsument doch glatt auf den Gedanken kommen, dass die Hefe von untergeordneter Bedeutung und recht langweilig ist. Dabei ist eigentlich genau das Gegenteil der Fall. Laut Mathias Hutzler, dem Leiter des Hefezentrums im Forschungszentrum Weihenstephan, stammen rund 80 % der Aromastoffe im Bier von der Hefe. Und es gibt viele Hefearten. Wissenschaftler schätzen nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung, dass es weltweit etwa 670.000 Hefearten gibt, die alle ein anderes Aromaprofil haben. Allerdings sind davon nur etwa 1.500 Hefearten bekannt. Auch wenn sich sicher nicht jede der Hefen zum Brauen eignet, gibt es doch offensichtlich noch ein weites unerforschtes Potential für experimentierfreudige Brauer, neue Biere auf den Markt zu bringen, die Aromen mit sich bringen, von denen wir heute nur träumen können. Das Hefezentrum in Weihenstephan bietet aktuell etwa 300 Hefen an, auch wenn nur von 80 dieser Hefen das Aromaprofil beschrieben ist. Ich bin ja gespannt, was da noch alles auf uns zukommt. Übrigens: die marktbeherrschenden Brauereien verwenden gerade mal etwa 20 Hefestämme – zusammen. Schade aber verständlich, schließlich wollen und müssen diese Brauereien Biere mit dem immer gleichen Geschmack auf den Markt bringen. Die Hefe prägt das Aroma eines Bieres am nachhaltigsten: Wenn ein und dieselbe Bierwürze mit unterschiedlichen Hefen vergoren wird, schmeckt das Bier jedes Mal ganz anders. Viel Anklang bei Verkostungen in Weihenstephan fand eine Hefe, die das damit gebraute Bier nach Beeren, Honig und Gummibärchen schmecken lässt.

Damit könnte ich das Thema eigentlich abschließen, aber die Jagd nach immer neuen Hefen ist doch auch recht spannend. Mathias Hutzler ist zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen Steven Wagner in die Eifel zur Vulkanbrauerei gefahren. Diese Brauerei hat den angeblich tiefsten Braukeller der Welt. Dort hat er an jeder Stelle, an der sich kratzen ließ, Hefen gesucht. Die Proben stammen aus Fässern, Bürsten, von Werkzeugen und Wänden. Dabei ist er auch fündig geworden und hat eine Hefe gefunden, die für fruchtige Aromen sorgt.

Die Wildhefe, aus der die untergärigen Hefen gezüchtet wurden, ist übrigens bekannt. Allerdings wurde sie nicht in Europa nachgewiesen, dafür aber in vielen anderen Gegenden der Welt, so in Patagonien, in Tibet, Neuseeland und Teilen der USA.

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