Das eigene Bier – so geht es einfach

Bier selbst zu brauen ist nicht trivial. Das Malz muss ausgewählt und schließlich gemaischt werden, und das bei richtiger Temperatur und in der richtigen Zeitspanne, der richtige Hopfen muss zur richtigen Zeit zugesetzt werden… Jeder Schritt ist eigentlich einfach, aber es sind ziemlich viele Schritte, so dass die Arbeit recht komplex wird. Außerdem ist viel Zeit erforderlich, die aufgewandt werden muss, um ein richtig gutes Bier zu erhalten.

Eine Brauerei ähnelt in Teilen einem Chemiebetrieb, sowohl optisch als auch von den Vorgängen her, die zum Bierbrauen erforderlich sind. Andreas Wengert von der Firma Wengert Brauereien hat es gegenüber dem Webportal http://www.schwaebische.de erklärt: “Es ist wichtig, die Temperaturen genau einzuhalten, damit die Enzyme arbeiten können”. Es finden während des Brauens viele unterschiedliche chemische Prozesse statt: Enzyme müssen gebildet und Stärke muss abgebaut werden, die Stärke muss in Zucker umgewandelt und dieser muss von der Hefe in Alkohol und Kohlensäure aufgespalten werden… Sechs Stunden dauert es etwa, bis das Bier so weit ist, dass es auf 10° Celsius abgekühlt ist und mit Hefe versetzt werden kann, so dass der eigentliche Gärvorgang beginnt.

Dann gärt das werdende Bier fast zwei Wochen, bevor es in Flaschen abgefüllt und dort weiter reifen kann. Vom Beginn des Brauens bis zum ersten Schluck Bier vergehen gut und gerne drei Wochen. Es ist also ein erheblicher Aufwand erforderlich, auf höchstem Niveau ein eigenes Bier zu brauen.

Automatisiert Bier brauen

Die Firma Wengert aus dem schwäbischen Grünkraut stellt Brauereieinrichtungen nicht nur für große Brauereien her, sondern auch den Wengert Brauprofi, mit dem sich weitgehend automatisiert 25 Liter Bier in professioneller Qualität brauen lassen. Allerdings benötigt das Gerät einen Wasseranschluss und einiges an Platz. In vielen Haushalten muss dafür vermutlich die Waschmaschine weichen. Dazu kommt noch der Kaufpreis, der mit allem Zubehör immerhin etwa 2.500 Euro beträgt. Damit ist das Gerät nur bedingt hausfrauenkompatibel. Für das Brauen im Privathaushalt dürfte der Brauprofi daher nur ein Nischendasein fristen.

Und dann kommt das Braufässchen

Einen ganz anderen Ansatz bietet das Startup-Unternehmen Braufässchen aus München. Das Unternehmen verspricht, dass es möglich ist, mithilfe eines Brausets innerhalb einer Woche ein eigenes Bier zu brauen. Dieses Versprechen war für mich Anlass genug, es einmal zu testen.

Die Bestellung

Das Unternehmen unterhält einen Webshop, wo es möglich ist, entweder ein vordefiniertes Brauset zu bestellen oder sich das gewünschte Bier selbst zu konfigurieren. Immerhin 14 vordefinierte Brausets stehen derzeit zur Verfügung. Wem das nicht ausreicht, kann sich auch sein eigenes Bier konfigurieren. Fünf Bierstile stehen zur Auswahl. Exemplarisch habe ich einmal das dunkle Bier ausgewählt. Dafür stehen drei verschiedene Hopfensorten für ein mildes, durchschnittlich herbes oder herbes Bier zur Verfügung. In einem dritten Schritt kann ich zwischen sieben unterschiedlichen Aromen auswählen. Für den ersten Versuch habe ich aber das vorkonfigurierte Pale Ale ausgewählt. Die Bestellung ist schnell erledigt, ich musste mich lediglich erst einmal daran gewöhnen, dass ich im Onlineshop nicht auf meine Wahl klicken musste, sondern die gewählten Zutaten nach oben ziehen musste.

Die Lieferung

Wenige Tage später war es dann so weit: mein Braufässchen kam an. Gut und sicher in einem stabilen Transportkarton fand ich die Verkaufsverpackung. Wenn das Bier so ansprechend ist wie die Verpackung kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ich frage mich lediglich, weshalb es die vorkonfigurierten Brausets nur online gibt, nicht im Getränkemarkt. Aber egal, das ist eine Entscheidung des Anbieters mit seinen drei Gründern Wolfgang Westermeier, Ping Lu und Dominik Guber.

Also mache ich mit dem Auspacken weiter. Die Verkaufsverpackung enthält ein handelsübliches Partyfässchen mit fünf Liter Inhalt, eine Flasche Malzextrakt, drei kleine Fläschchen mit Hopfenaromen, ein Tütchen Hefe, einen Gärverschluss für das Fass, drei Bierdeckel und eine Kurzanleitung für das Brauen.

Werfe ich einen Blick auf die Anleitung. Versprochen wird, dass die Vorbereitung nur zehn Minuten dauert. Ich bin ja gespannt, ob sich diese Zeitangabe bewahrheitet. In dieser Zeit müssen lediglich einige einfache Schritte erledigt werden: der Malzextrakt muss in das Fässchen gefüllt werden, die Flasche muss mit teilweise kaltem und kochendem Wasser ausgespült und das Wasser in das Fass gefüllt werden, das Fass muss mit Wasser aufgefüllt werden, einmal kräftig durchschütteln, Hopfen, Hefe und Aromen müssen in das Fass, das Fass muss verschlossen werden und schon kann das Gären losgehen. Dafür soll das Fass fünf Tage bei Raumtemperatur und zwei Tage im Kühlschrank stehen. Anschließend soll das Bier fertig sein.

Irgendwie erinnert mich das Vorgehen an “Malen nach Zahlen”. Aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Ein Großteil der Komplexität der Aufgabe wird vor dem Anwender verborgen und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Also beginne ich an und setze mein Bier an.

Die Vorbereitung

Der Verschluss ist schnell vom Fass genommen und ich kann den Malzextrakt einfüllen. Dabei stelle ich fest, dass der Flaschenhals etwa den gleichen Durchmesser hat wie die Öffnung in Fass. Ich will aber eigentlich vermeiden, dass etwas danebengeht und ich die Außenseite des Fasses verschmiere. Ich bin einfach zu faul, das Fass hinterher zu reinigen. Also verwende ich einen Trichter. Das war aber wohl ein Fehler. Der Malzextrakt ist so dickflüssig, dass es eine dreiviertel Stunde dauerte, bis das Malzextrakt im Fass war. Es wäre wohl doch besser gewesen, eine Verschmutzung zu riskieren. Aber da habe ich wohl zu viel und zu weit gedacht. Das Wasser, die Hefe und die Aromen in das Fass gefüllt, den Gärverschluss eingesetzt und – die reine Arbeitszeit hat wirklich nicht mehr als zehn Minuten benötigt.

Die Gärung

Ich habe das Fässchen in Heizungsnähe aufgestellt. Für den Fall, dass die Gärung zu kräftig wird, habe ich ein Geschirrtuch unter das Fass gelegt und damit auch sicher nichts spritzen kann, habe ich es auch mit einem Tuch abgedeckt. Diese Vorsichtsmaßnahme war aber nicht erforderlich; nur eine minimale Menge wurde aus dem Gärverschluss herausgedrückt. Nach einem Tag musste das Fässchen noch einmal umgedreht werden, dann konnte ich es weitere vier Tage stehen lassen. Dann trat ein Problem auf: das Fass sollte noch für zwei Tage in den Kühlschrank. Das hatte ich zwar gewusst, aber nicht berücksichtigt, so dass einfach kein Platz vorhanden war. Glücklicherweise hat meine Wohnung einen Balkon und draußen herrschen kühlschrankähnliche Temperaturen. Ich habe das Fass also nach draußen gestellt und zwei Tage später war das Bier fertig.

Die Verkostung

Endlich war es so weit und ich konnte das Bier verkosten. Optisch konnte ich nichts aussetzen. Hefetrüb und mahagonifarben präsentierte sich das Bier im Glas. Der feinporige Schaum hatte eine gute Standzeit. Auch das Aroma war für ein IPA typisch. Und der Geschmack? Mir fehlte etwas die sortentypische Süße. Das kann ich aber nicht dem Braufässchen anlasten, sondern ich gehe davon aus, dass die Gärung zu nahe an der Heizung stattgefunden hat, wodurch die Hefe zu viel Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure aufgespalten hat. Ansonsten ließ sich an dem Bier nichts aussetzen. Es war trotz meines Fehlers immer noch erheblich besser als ein Bier aus industrieller Großproduktion.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis

Das Braufässchen kostet vorkonfiguriert 35,00 Euro, also 7,00 Euro je Liter. Damit ist es etwa ein Drittel günstiger als professionell gebrautes IPA in der Flasche, das ab circa 3,50 Euro angeboten wird. Dafür ist das Flaschenbier aber nach meinem Geschmack doch noch besser, Fehler wie eine zu warme Gärung wie bei mir kommen dort nicht vor. Wenn Sie eine Party planen und Ihren Gästen etwas Besonderes anbieten wollen, sollten Sie sich überlegen, einmal auf das Angebot von www.braufaesschen.com zurückzugreifen. Allerdings – für den Fall, dass Ihnen etwas Ähnliches passiert wie mir und das Bier nicht perfekt wird, sollten Sie beim ersten Mal die eine oder andere Kiste Bier in den Keller stellen, einfach als Plan B.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.