Archiv für den Monat: Oktober 2016

Scotch C.T.S.

Bei Bieren, die von Großkonzernen gebraut wurden, bin ich in der Regel etwas kritisch. Sie sind häufig recht langweilig, manchmal aber auch gut, aber austauschbar. Nun steht ein Bier von AB InBev vor mir, das Scotch Crowned Tree Scotch. InBev ist bekannt dafür, auch Biere zu brauen, die durchaus als Craft Beer bezeichnet werden können. Der Konzern hat viele kleine Brauereien aufgekauft, lässt sie ihre Biere weiterbrauen und vertreibt sie unter seinem Dach. Mal sehen, ob es sich hier um ein solches Bier handelt.

Schwarz und fast blickdicht steht das Bier im Glas. Nur gegen das Licht gehalten schimmert etwas dunkles Rot durch. Darüber eine durchschnittliche Menge gemischtporiger haselnussbrauner Schaum, der sich durchschnittliche schnell auflöst.

Das Bier duftet nach Toffee, Schokolade und Feigen. Jetzt wird schon klar, dass dieses Bier nicht langweilig ist.

Der Antrunk ist recht süß, aber die sehr feinperlige Kohlensäure sorgt für eine angemessene Frische und Spritzigkeit. Im Körper ist die Rezenz dagegen relativ schwach ausgeprägt. Jetzt kommt ein ordentlicher Schokoladengeschmack zum Vorschein. Dazu ist das Bier leicht säuerlich und da die Säure etwas stärker ist als die Süße und noch angenehme Bitterstoffe dazukommen, hat das Bier einen ausgewogenen Geschmack. Der Abgang ist recht mild, klingt aber lange nach. Die Brauerei empfiehlt zu diesem Bier einen alten Gouda zu essen.

Alkoholgehalt:

7,2 % Vol.

Brauerei:

InBev Belgium s.a./n.v.
Bd. Industiel 21 Industrielaan
1070 Brüssel
Belgien
www.ab-inbev.com

11. 10. – 12. 10. 2016: Bar Convent Berlin

Bereits zum 10. Mal findet die Bar Convent Berlin statt. Für internationale Brauer, Bierprofis, Bartender und Gastronomen ist Brew Berlin eine Pflichtveranstaltung. Nicht nur, weil sich hier die namhaften Vertreter der Branche treffen und die neuesten Mixturen und die kreativsten Trends aus der Bierszene präsentieren. Auch das Programm hat einiges zu bieten. Erstklassige Referenten, darunter John Keeling von der bekannten britischen Fuller’s Brauerei und Chris Heaney vom Londoner Brau-Start-up Partizan Brewing, behandeln Themen, die Spaß machen, die informieren, die inspirieren. Der Beer Stage in Halle 3 ist zwei Tage lang das Wissenszentrum von Brew Berlin, einem eigenen Ausstellungsbereich auf dem Bar Convent Berlin, der vom 11. bis 12. Oktober in der Station Berlin stattfindet.

Insgesamt 37 Aussteller sind in diesem Jahr auf Brew Berlin dabei. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Fläche verdoppelt, insbesondere das Craft-Beer Segment hat sich spürbar vergrößert. Als Aussteller mit dabei sind sowohl bekannte Namen als auch Newcomer, so etwa Bitburger, Carlsberg, SAB Miller, Schoppe Bräu, Leeds Brewery, Berliner Berg, Ratsherrn oder And Union. Insgesamt sechs Unternehmen sind aus den USA vertreten, ebenso zwei britische Brauer, Birrificio Indipendente Elav aus Italien, Nosawa aus Japan, Lehe Brewery aus Estland und verschiedene Vertreter der deutschen Braukunst. Gezeigt werden nationale wie internationale Biere, die besten Bier-Cocktails und die kreativsten Craft-Beer-Neuheiten. Auch Zubehör-Anbieter präsentieren sich auf der Fläche, darunter Glashersteller Sahm und Nachtmann oder Kühlgeräte-Profi Gastro-Cool. Da Bier auf dem Bar Convent eine immer größere Rolle einnimmt, widmet sich zum zweiten Mal auch eine ganze Bühne dem Gerstensaft und seinen Spielarten.

Bier ist Kult im Brew Berlin Programm

Zum großen Teil auf Englisch oder aber zweisprachig bietet das Vortragsprogramm internationales Know-How, weitergegeben von wahren Koryphäen der Bierszene. Thema am ersten Messetag ist z.B. der „Boom der Bier-Gastronomie – progressive Gastronomie im Craft-Zeitalter“. An der Runde nehmen u.a. Oliver Lemke von der Brauerei Lemke, Jeff Maisel von Liebesbier (Maisel & Friends) oder Frank Reinwand von Stone Brewing teil. Auch britische Brauereien stehen im Fokus des Programms. John Keeling von Fuller’s, Dean Pugh von Brew Dog, Chris Heaney von Partizan Brewing und Sam Smith von Samuel Smith geben Informationen zum Thema „British Breweries“. Am Nachmittag äußern sich u.a. Axel Ohm von And Union & Neue Bierkultur, Sylvia Kopp von der U.S. Brewers Association und Frank Boer von der Braukunst Live! zu Prognosen, Wunschträumen und den harten Wahrheiten rund um die Frage: „Wo steht die deutsche Bierkultur in fünf Jahren?“ Zum Tagesabschluss sowie zum Auftakt des zweiten Messetages findet ein Programmpunkt zu „The Art of Beer Cocktails“ statt, wo u.a. Gabor Nemeth von der bekannten Bierbar Élesztő Budapest und Daniel Bart, Gründer von Braufest Berlin und Főzdefeszt, ihre Erfahrungen und Best Practices mit den Zuhörern teilen werden.

Mit „Internationalen Biertrends“ geht es am Mittwoch ab 14 Uhr weiter im Programm. Referenten aus Übersee und Europa werden diese diskutieren, darunter Ralf Hugger von Founder’s Brewing aus den USA., Claudia Schröder, deutsche Markenbotschafterin für Brooklyn Brewery, „Beerbartender“ Nicola Radisis aus Griechenland, Chris Heaney von der britischen Partizan Brauerei und Daniel Bart vom ungarischen Főzdefeszt. Und international geht es weiter, denn ab 16 Uhr geht es um den Vergleich zwischen britischem und amerikanischem Bier. Sylvia Kopp (U.S. Brewers Association) und der bekannte Bierjournalist und Buchautor Pete Brown (Hops & Glory, United Kingdom) laden die Besucher zum „Comparative Beer Tasting: British vs. American Styles“ ein. Mit dem Battle of Brews No. 2 endet schließlich das Rahmenprogramm für Bier-Spezialisten am zweiten Messetag. Hier treten Lenny’s Artisanal Ales, Lervig Gryggeri, Pirate Brew Berlin, Straßenbräu, BRLO und Berliner Berg zur „Showbrewing Competition“ gegeneinander an.

Forestinne Nordika

Heute fährt die kleine Waldelfe, die die Etiketten dieser Bierserie ziert, mit einem Wikingerschiff gen Norden. Nicht nur, dass das auf dem vorderen Etikett bildlich dargestellt wird, sondern auf dem Rückenetikett wird „Le Réconfort venu du Grand Nord“ versprochen, also eine Aufmunterung aus dem Norden. Dann wollen wir doch mal sehen, ob das Bier diese Versprechungen auch einhalten kann.

Golden und leicht hefetrüb zeigt sich das Bier im Glas. Darüber bildet sich viel weißer cremiger Schaum, der auch lange erhalten bleibt. Außerdem sehe ich, dass das Bier sehr viel Kohlensäure enthält. Optisch macht das Bier also schon mal einen sehr guten Eindruck.

Das Bier duftet nach Feige, dazu ein Hauch Zimt. Im Hintergrund kommt noch etwas Zitrusaroma durch. Das Aroma macht genau wie die Optik schon mal Lust auf den ersten Schluck.

Der Antrunk ist süß, wirklich süß. Ohne die viele Kohlensäure, die dem Bier eine gewisse Frische verleiht, wäre es bei mir jetzt bereits durchgefallen. Aber der Körper dieses Bieres reißt es dann raus. Er ist wirklich kräftig und dabei ausgewogen. Er erinnert stark an Sherry und erinnert deutlich an einen Aperitif. Jetzt wird mir das Bier richtig sympathisch. Der Abgang ist mild und es zeigen sich kaum Bitterstoffe. Trotzdem bleibt der Geschmack recht lange erhalten.

Alkoholgehalt:

7,5 % Vol.

Brauerei:

Brasserie Caracole
5500 Falmignoul (Dinant)
Belgien
www.forestinne.be

Die Karmeliten Brauerei in Straubing wird 650 Jahre alt

Dass ein Unternehmen sein 650jähriges Bestehen feiern kann, ist wirklich selten. Bei der Karmeliten Brauerei im niederbayerischen Straubing ist es im nächsten Jahr so weit. Bereits seit dem Jahr 1367 wird dort Bier gebraut. Eine so lange Tradition ist selbstverständlich ein Grund für eine besondere Aktion und so hat sich auch die Brauerei einen Wettbewerb ausgedacht, der seinesgleichen sucht.

Zu erwarten wäre ein besonderes Bier zum Jubiläum. Aber die Karmeliten Brauerei geht noch weiter. Es werden vier Biere gebraut. Und nicht nur das – die Kunden können entscheiden, was für Biere gebraut werden sollen. Wie die Biere gebraut werden, können die Konsumenten bestimmen, mit welchen Zutaten die Biere entstehen sollen. Dafür hat die Karmeliten Brauerei unter www.MachDeinKarmelitenBier.de einen Bierkonfigurator erstellt.

Überfordert die Brauerei die Kunden damit? Ich glaube nicht. Die Auswahl der Zutaten, die selbstverständlich alle dem deutschen Reinheitsgebot entsprechen, ist recht einfach. Sie geben einfach den Biertyp, die Stärke der Bitterkeit, den Alkoholgehalt, die Spritzigkeit, die Aromen, die Farbe und einen Namen ein und schon haben Sie Ihr zukünftiges Lieblingsbier zusammengestellt. Wie es dann genau gebraut wird, darum kümmert sich die Brauerei.

Und wie geht es weiter? Am 23. November wählt eine Jury aus 15 Personen die vier Siegerbiere aus. In der Jury sitzen neben verschiedenen Bierspezialisten (Braumeister, der Geschäftsführer der Karmeliten Brauerei, mehrere Biersommeliers…) die amtierende bayerische Bierkönigin sowie zwei Biergenießer, die sich ebenfalls über die Website bis zum 15. Oktober bewerben können und die ausgelöst werden.

Selbstverständlich gibt es auch etwas zu gewinnen. Die vier Siegerbiere werden gebraut und auf den Etiketten erscheint der Name des Einsenders. Außerdem werden die vier Sieger als VIP-Ehrengäste auf das Gäubodenvolksfest 2017 eingeladen.

Das war aber noch nicht alles. Die Siegerbiere können von den Konsumenten bewertet werden und der Ersteller des Bieres, das die meisten Stimmen erhalten hat, bekommt ein Jahr lang in jeder Woche eine Kiste Karmeliten Bier. Mitmachen lohnt sich also.

Staatliche Massenbierhaltung? Nein Danke!

Die Fraktion der Grünen im Bayrischen Landtag hat einen Antrag gestellt, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, in den beiden staatlichen Brauereien, dem Hofbräuhaus und der Staatsbrauerei Weihenstephan, zu veranlassen, dass dort „Biobiersorten unter der Verwendung bayerischer Rohstoffe“ gebraut werden. Um es vorab klarzustellen – ich bin ein Verfechter des biologischen Landbaus und ich meine auch, dass die biologischen Erzeugnisse bei der Bierherstellung Verwendung finden sollen. Trotzdem meine ich, dass der Antrag gut gemeint ist – was wiederum das Gegenteil von gut gemacht meint. Ein Widerspruch?

Ganz sicher nicht. Ich habe auch nichts dagegen, wenn die beiden staatlichen Brauereien biologische Grundstoffe verwenden würden. Diese beiden Brauereien haben aber einen Nachteil – sie stellen riesige Mengen Bier her. Die Biere sind teils nicht schlecht, in vielen Fällen auch richtig gut. Leider sind sie zum großen Teil aber auch gegen andere Biere austauschbar. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass von jetzt auf gleich die gesamte Produktion umgestellt werden kann. Mindestens dürfte ein solcher Totalumstieg für eine deutliche Verknappung der biologischen Grundstoffe sorgen und damit für höhere Preise. Wahrscheinlicher ist nach meiner Meinung, dass die Brauereien kleinere Sude ansetzen würden (zumindest für deren Verhältnisse). Dafür sind Investitionen erforderlich.

Ich würde es bevorzugen, wenn die bayerische Landesregierung dieses Geld in die Hand nehmen und mit diesem Geld Berater einstellen würde, die kleine Brauereien in Bayern beim Umstieg auf Biobier unterstützen würden. Damit würde die Biervielfalt in Bayern erhalten. Gerade in Franken, aber auch in anderen Gegenden Bayerns gibt es nach wie vor eine lebendige Bierkultur, die es wert ist, unterstützt zu werden. Da auf diese Weise die Brauer auch zusätzliche Vertriebswege erschließen könnten, würde damit auch das Weiterbestehen der kleinen Brauereien gewährleistet oder zumindest wahrscheinlicher. Staatliche Investitionen in die Großbrauereien würden diesen Betrieben einen weiteren Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Dass die kleinen Brauereien unterstützt werden sollten sehen auch die Grünen. In einem weiteren Antrag fordern sie die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die kleineren Brauereien bei der Biersteuer bessergestellt werden. Ich befürchte, dass dadurch nur die Bürokratie der Finanzbehörden aufgebläht würde, ohne dass sich die Einnahmesituation der Brauereien verbessert. Liebe Grüne, wenn ihr die Kleinbrauereien bei der Umstellung unterstützen würdet, wäre das Übel bei der Wurzel gepackt und weitere Bürokratie wäre überflüssig.

Auf der Suche nach der idealen Hefe

Es ist schon merkwürdig – wenn ich mir die Etiketten der verschiedenen Biere ansehe, wundere ich mich manchmal, wie offen die Brauer mit ihren Rezepturen umgehen. Freimütig werden die Malzsorten und der Hopfen genannt, die für das Bier verwendet wurden. Aber wie sieht es mit der Hefe aus? Da halten sich die Brauer bedeckt. In der Zutatenliste steht in der Regel nur Hefe und auch die Internetseiten der Brauereien, die häufig mehr Informationen bereitstellen, geben in der Regel nicht mehr her. Und wenn dort etwas steht, dann eine eher technische Bezeichnung, z.B. Stamm W 177. Weil mich das bereits seit längerer Zeit wundert, habe ich einige Craft Beer-Brauer auf die Hefe angesprochen. Und auch wenn sie ansonsten gerne und freigiebig über ihre Arbeit sprechen, werden sie beim Thema Hefe recht einsilbig.

Da könnte der Konsument doch glatt auf den Gedanken kommen, dass die Hefe von untergeordneter Bedeutung und recht langweilig ist. Dabei ist eigentlich genau das Gegenteil der Fall. Laut Mathias Hutzler, dem Leiter des Hefezentrums im Forschungszentrum Weihenstephan, stammen rund 80 % der Aromastoffe im Bier von der Hefe. Und es gibt viele Hefearten. Wissenschaftler schätzen nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung, dass es weltweit etwa 670.000 Hefearten gibt, die alle ein anderes Aromaprofil haben. Allerdings sind davon nur etwa 1.500 Hefearten bekannt. Auch wenn sich sicher nicht jede der Hefen zum Brauen eignet, gibt es doch offensichtlich noch ein weites unerforschtes Potential für experimentierfreudige Brauer, neue Biere auf den Markt zu bringen, die Aromen mit sich bringen, von denen wir heute nur träumen können. Das Hefezentrum in Weihenstephan bietet aktuell etwa 300 Hefen an, auch wenn nur von 80 dieser Hefen das Aromaprofil beschrieben ist. Ich bin ja gespannt, was da noch alles auf uns zukommt. Übrigens: die marktbeherrschenden Brauereien verwenden gerade mal etwa 20 Hefestämme – zusammen. Schade aber verständlich, schließlich wollen und müssen diese Brauereien Biere mit dem immer gleichen Geschmack auf den Markt bringen. Die Hefe prägt das Aroma eines Bieres am nachhaltigsten: Wenn ein und dieselbe Bierwürze mit unterschiedlichen Hefen vergoren wird, schmeckt das Bier jedes Mal ganz anders. Viel Anklang bei Verkostungen in Weihenstephan fand eine Hefe, die das damit gebraute Bier nach Beeren, Honig und Gummibärchen schmecken lässt.

Damit könnte ich das Thema eigentlich abschließen, aber die Jagd nach immer neuen Hefen ist doch auch recht spannend. Mathias Hutzler ist zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen Steven Wagner in die Eifel zur Vulkanbrauerei gefahren. Diese Brauerei hat den angeblich tiefsten Braukeller der Welt. Dort hat er an jeder Stelle, an der sich kratzen ließ, Hefen gesucht. Die Proben stammen aus Fässern, Bürsten, von Werkzeugen und Wänden. Dabei ist er auch fündig geworden und hat eine Hefe gefunden, die für fruchtige Aromen sorgt.

Die Wildhefe, aus der die untergärigen Hefen gezüchtet wurden, ist übrigens bekannt. Allerdings wurde sie nicht in Europa nachgewiesen, dafür aber in vielen anderen Gegenden der Welt, so in Patagonien, in Tibet, Neuseeland und Teilen der USA.

Fränkische Brauer setzen auf Regionalität

Dass die Franken besonders stolz sind auf ihr Bier ist ja allgemein bekannt. Und der Stolz ist berechtigt. Nirgendwo in Deutschland ist die Brauereidichte so hoch wie in Franken. Bald jedes Dorf hat seine eigene Brauerei. Das bedingt, dass es sich um handwerklich gebraute Biere handelt. Im Grunde ist Franken ein Craft Beer-Land. Wer einmal durch Franken gereist ist und bei den kleinen Brauereigasthöfen und Biergärten haltgemacht hat, der weiß, wie vielseitig Bier sein kann, auch wenn es nach dem inzwischen 500 Jahre alten Reinheitsgebot gebraut wurde und auch ohne krampfhafte Originalität und Kreativität.

Aber einige Brauereien gehen noch weiter. Sie setzen nicht nur auf handwerkliches Brauen, sondern auch auf Regionalität. Sechs Brauereien im Umkreis von Nürnberg haben sich zusammengeschlossen, um das „10 Kilometer-Bier“ zu brauen. Was heißt das?

Alles Getreide, das für das Brauen der Biere benötigt wird, wächst im Umkreis von zehn Kilometern um die Brauerei. Auch das Mälzen geschieht im Umkreis, unter anderem in der Nähe von Erlangen. Lediglich der Hopfen hat teilweise eine etwas längere Reise hinter sich, aber auch er kommt aus Franken.

Bei dieser Konstellation gibt es eigentlich nur Gewinner. Für die Bauern lohnt sich der Anbau von Braugerste wieder. Die Anbaufläche für die Gerste ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, weil der Anbau für die Bauern unwirtschaftlich geworden war. Die Mälzerei hat sichere Abnehmer und kann Arbeitsplätze erhalten. Die Brauer kennen die Malzfabrik und können dort ihre Wünsche äußern und letztendlich bekommt der Konsument ein regionales und individuelles Bier. Und Vielfalt auch beim Bier ist auch ein Stück Lebensqualität. Da sind wir uns doch wohl einig.

Dabei bemüht sich die Initiative, möglichst unbürokratisch zu bleiben. „Wir wollen keinen Zertifizierungs- und Bürokratiewahn wie bei der Gentechnikfreiheit oder Tierwohl-Siegeln, sondern dass jeder Cent, den die Brauer für die Rohstoffe ausgeben, bei den Bauern ankommt“, sagt Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands Mittelfranken und Landwirt aus Günthersbühl gegenüber inFranken.de. Ich meine, dass diese unbürokratische Haltung nur in kleinen Initiativen möglich ist, in denen sich die Mitglieder persönlich kennen und kontrollieren.

Dabei haben es kleine Brauereien nicht leicht am Markt. Die Idee: Die Brauer kaufen die Gerste aus der Region für einen Preis, der über dem aktuellen Marktwert liegt – laut Felßner durchschnittlich 20 Prozent mehr – und werten damit ihr eigenes Produkt auf. Regionalität als Qualitätssiegel. Der Preis für das Bier dabei aber ist nicht gestiegen. Trotz der höheren Kosten im Einkauf ist Friedrich Vogel überzeugt, dass sich das Konzept für ihn und die anderen Brauereien lohnt. Denn dass Regionalität wieder wichtiger wird, spürt er auch bei seinen Kunden. Der Preis für sein Bier sei unterm Strich nicht gestiegen. Nur auf Sonderangebote und andere Aktionen müssen seine Kunden eben verzichten.

Übrigens: Sogar das beim Brauen entstehende Abfallprodukt, der Bier-Treber, wird vor Ort verwertet. Den holt Bauer Günther Felßner in Friedrich Vogels Brauerei wieder ab und verfüttert ihn an seine Milchkühe. Das regionale, eiweißhaltige Schmankerl mögen sie lieber als Soja aus Südamerika, sagt der Landwirt.

Ganz neu ist das 10 Kilometer-Bier nicht. Bereits im Jahr 2011 haben drei Brauereien aus dem Nürnberger Land die Initiative ins Leben gerufen. Die Brauereien Bub aus Leinburg, Kanone aus Schnaittach und Wiethaler aus Neunhof entschlossen sich damals, Bier aus Malz zu brauen, das im Umkreis von maximal 10 Kilometern um die Brauerei angebaut wurde. Der verwendete Hopfen kommt aus der Hersbrucker Gegend und komplettiert den Gedanken, Regionalität sehr eng zu fassen.

In der Zwischenzeit haben sich drei weitere Brauereien angeschlossen: Dreykorn aus Lauf, Linden-Bräu aus Gräfenberg und Döbler aus Bad Windsheim. Neben den Brauereien sind, so berichtet der BBV-Kreisverband Nürnberger Land, zwölf Landwirte und zwei Mälzereien (Bergler und Klostermalz) in das Projekt involviert.