Neuschwansteiner bleibt Neuschwansteiner

Immer wieder kommt es zu Abmahnungen und Prozessen, weil (nicht nur) Bier nach einem Ort benannt wird, an dem es nicht hergestellt wird. Dabei gehen die Kläger häufig recht kleinlich vor. So durfte das Chiemseer nicht mehr Chiemseer heißen, weil es in Rosenheim gebraut wird. Rosenheim liegt keine zehn Kilometer vom Chiemsee entfernt. Ich bin mir in solchen Fällen unsicher, ob ich genervt oder amüsiert sein soll wegen solcher pingeligen Klagen. Was für eine alteingesessene Brauerei ärgerlich ist, kann für einen Neueinsteiger ins Braugeschäft existenzgefährdend werden.

In einem aktuellen Prozess ging es darum, ob ein Bier namens “Das Neuschwansteiner” seinen Namen behalten darf, obwohl die Brauerei im benachbarten Schwangau beheimatet ist. Das Schloss Neuschwanstein liegt sogar in der Gemeinde Schwangau. Kleinlicher als es die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sieht geht es wohl nicht mehr. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die deutschen Gerichte besseres zu tun haben als solche Kleinigkeiten zu verhandeln. Auch der Richter am OLG war von der Klage wohl genervt. Die Abendzeitung aus München zitiert Richter Andreas Müller mit der launischen Bemerkung, dass schließlich auch niemand erwarten würde, dass bei Montblanc-Füllern auch niemand davon ausgehen würde, dass sie auf Europas höchster Erhebung hergestellt würden.

Auch dass es Schlösser mit Brauereien gibt und Verbraucher deshalb annehmen könnten, dass das Bier direkt auf Schloss Neuschwanstein gebraut wurde, ließ der Richter in seiner Entscheidung nicht gelten. Dass in dem Touristenstrom kein Bier gebraut werden kann sollte nach Ansicht des Richters jedem normal denkenden Menschen klar sein.

Trotzdem darf nicht alles auf den Etiketten stehen. Auf dem Etikett des Neuschwansteiners steht, dass das Bier nach einer “Methode royale” gebraut wäre. Diese Methode gibt es aber nicht, sie ist ein reiner Phantasiebegriff. Da durch diese Bezeichnung eine höhere Wertigkeit, quasi ein “royaler Brauprozess”, des Bieres suggeriert wird, ist der Brauerei in Zukunft diese Bezeichnung verboten.

Soweit zum aktuellen Fall. In der Vergangenheit hat die eng gefasste regionale Herkunft zu geradezu skurrilen Ergebnissen geführt. Vor mehr als 20 Jahren übernahm die Brauerei Tucher in Nürnberg die Brauerei Fürther Patrizier im benachbarten Fürth. Die Produktion der beiden Brauereien sollte zusammengeführt werden. Es sollte aber zu keinen Klagen dagegen kommen, dass das Nürnberger Bier in Fürth oder das Fürther Bier in Nürnberg gebraut wird. Die Brauerei fand dazu eine nach eigenen Angaben weltweit einmalige Lösung: der neue Produktionsstandort wurde über der Ortsgrenze gebaut. Die postalische Adresse liegt in Fürth, der Großteil der Produktionsanlagen aber auf Nürnberger Gebiet. Nun stehen zwei Sudkessel in Nürnberg und zwei weitere in Fürth. Ob das die kaufmännisch beste Lösung ist kann ich nicht beurteilen. Der Rechtslage dürfte damit aber durchaus Rechnung getragen worden sein.

Mit Material der Süddeutschen Zeitung und der Abendzeitung München.

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